Am vergangenen Mittwoch, dem 18. Oktober 2017, hat der Bildungsrat seinen eigenen Beschluss vom 30. Mai 2017 revidiert und noch einmal eine neue Stundentafel für die Sek I beschlossen. Vorausgegangen war eine intensive Phase mit hitzigen Diskussionen, politischen Vorstössen und unzähligen Gesprächen. Auch der LVB hat sich hartnäckig und aufwändig für eine konsensuale Lösung eingesetzt, die nun erreicht werden konnte. Direktionsvorsteherin Monica Gschwind bedankte sich am Freitag explizit für den wichtigen Beitrag des LVB.
Blicken wir kurz zurück: Bereits im Frühjahr 2017 hatten sich die Sek-I-Mitglieder des LVB im Rahmen einer während des Vernehmlassungsverfahrens durchgeführten Umfrage zu grossen Teilen skeptisch bis ablehnend zum Entwurf der neuen Stundentafel geäussert. Die Kritik konzentrierte sich im Wesentlichen auf drei Punkte:
- Es wurde als falsch angesehen, Biologie, Chemie und Physik über drei Jahre hinweg mit nur je einer Wochenlektion zu dotieren; eine Konzentration auf einzelne Schuljahre mit entsprechend höherer Dotation pro Woche wurde favorisiert.
- Die Dotation der Fächer Geschichte und Geografie mit je 1.5 Wochenlektionen pro Schuljahr wurde als zu gering angesehen.
- Die Entscheidung, für die Niveaus A, E und P identische Stundentafeln zu beschliessen, fand ebenfalls sehr wenig Zustimmung.
Der Bildungsrat machte zunächst trotzdem keine Anstalten, den Entwurf noch einmal zu überarbeiten. Als Folge davon entstand politischer Druck: Pascal Ryf (CVP) brachte im Landrat eine Motion ein, welche verlangte, dass alle Promotionsfächer, welche in einem bestimmten Jahr auf der Sek I unterrichtet werden, eine Dotation von mindestens zwei Wochenlektionen erhalten sollen. Und das Komitee «Starke Schule beider Basel» lancierte eine Volksinitiative, welche explizit forderte, dass die Fächer Biologie, Chemie, Physik, Geschichte und Geografie in jedem Jahr, in welchem sie auf der Sek I unterrichtet werden, mit mindestens zwei Wochenlektionen dotiert werden. Innerhalb weniger Wochen – und trotz Sommerferien – unterschrieben fast 3000 Stimmberechtigte diese Initiative.
In dieser gleichermassen volatilen wie aufgeheizten Situation befragte der LVB seine Sek-I-Mitglieder noch einmal und deren Votum war eindeutig: Fast 83% sprachen sich dafür aus, die Stundentafel noch einmal zu überarbeiten. Dies verstand die LVB-Geschäftsleitung als Auftrag, sich für eine verbesserte Lösung einzusetzen. Dementsprechend pendelte der LVB als Ideenlieferant und Vermittler über den Sommer hinweg unermüdlich zwischen den verschiedenen Akteuren hin und her. Erklärtes Ziel dabei war es, eine Lösung zu finden, welche es möglich machen würde, die politischen Vorstösse zurückzuziehen, um im Herbst 2017 eine definitive Lösung für das Schuljahr 2018/19 vorliegen zu haben. Andernfalls hätte es für die Sekundarschulen keine Planungssicherheit gegeben.
Am Ende dieses langen Weges steht nun das Ergebnis, das zwar nicht nur, aber auch dank des Einsatzes des LVB möglich geworden ist, und letzte Woche präsentiert wurde. Sie finden die neue Stundentafel hier als PDF.
Naturgemäss ist eine Stundentafel immer ein Kompromiss und nicht alle berechtigten Wünsche und Anliegen können berücksichtigt werden. Die Herabstufung des Faches Geografie auf nurmehr 4 Lektionen (je 2 im 1. und 3. Sekundarschuljahr mit einem Unterbruch im 2. Schuljahr) ist alles andere als optimal.
Es gab mehrere Gründe, die dazu geführt haben, dass am Schluss die Geografie am meisten verloren hat. Der erste Grund sind die seit Langem bestehenden Klagen der ausbildenden Betriebe über mangelnde Mathematikkenntnisse der Schulabgänger, denen mit einer Erhöhung der Lektionenzahl in Mathematik begegnet wurde – wodurch diese Lektionen aber zwangsläufig woanders fehlen mussten. Der zweite Grund ist der Druck, Chemie spätestens im 2. Schuljahr der Sek I zu unterrichten, damit die Schülerinnen und Schüler im Berufswahlprozess schon wissen, ob ihnen dieses Fach zusagt (dadurch musste im 2. Schuljahr ein anderes Fach weichen) und schliesslich wurde in Hinblick auf die zu stärkende politische Bildung Geschichte höher gewichtet als Geografie. Selbstverständlich wäre es auch dem LVB lieber gewesen, eine Lösung finden zu können, welche für Geografie ebenfalls über die 3 Sekundarschuljahre hinweg ein Modell 2-2-2 beinhaltet hätte. Unter den gegebenen Voraussetzungen war dies jedoch nicht machbar.
Um die Herabstufung der Geografie abzumindern, wartet der LVB sogleich mit zwei neuen Vorschlägen resp. Forderungen auf:
- Auf der Sek II ist das Fach Geografie zu stärken. So wurden z.B. an den Gymnasien im Zuge der Verlängerung von 3.5 auf 4 Jahre mehrere Fächer um ein halbes Jahr verlängert, nicht aber Geografie – und zwar auch im Gegensatz zu Basel-Stadt. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um das zu korrigieren! Der LVB hat diese Forderung bereits auf die Pendenzenliste des Bildungsrats setzen lassen.
- Für das zweite Schuljahr der Sek I machen wir die Schaffung eines Freifaches Geografie beliebt, welches Themen abdecken soll, die weder im neuen Lehrplan der Primarstufe noch im 1. und 3. Schuljahr der Sek I abgedeckt werden. Wir sehen gute Chancen, dass ein solches Angebot bei entsprechend attraktiver Ausgestaltung auf grosses Interesse stossen wird.
Es sei noch einmal ganz klar gesagt: Wir haben Verständnis für frustrierte Reaktionen gerade seitens Geografie-Lehrpersonen. Dennoch ist nach unserem Dafürhalten die revidierte Stundentafel in ihrer Gesamtheit klar besser als ihre Vorgängerversion. Die ungeliebten Ein- und Eineinhalbstundenfächer sind aus der Welt (resp. aus der Stundentafel) geschafft, die Aufteilung im Bereich NaTech ist zielführender, die sture Gleichschaltung der Stundentafel für die Niveaus A, E und P wurde aufgeweicht und auch das Fach Geschichte konnte wieder aufgewertet werden. Und darüber hinaus ist das politische Hickhack beendet, sodass die neue Stundentafel plangemäss ab dem kommenden Schuljahr aufsteigend in Kraft treten kann.