Die LVB-Inititativen im Wortlaut

Initiative 1

Bildungsressourcen gerecht verteilen und für das Wesentliche einsetzen!

Das Bildungsgesetz vom 6. Juni 2002 (GS 34.0637, SGS 640) wird folgendermassen ergänzt

§12 a Bildungsfinanzierung

1 Der Kanton und die Gemeinden stellen genügend finanzielle Mittel zur Verfügung, um die Qualität der Schulbildung nachhaltig zu garantieren. Sie gewährleisten bedürfnisgerechte Schulbauten sowie lehrplan- und lehrmittelgerechte Schuleinrichtungen.

2 Sind Einsparungen im Bildungsbereich vorgesehen, so sind diese durch die nachfolgenden Massnahmen zu erzielen

a. Es ist auf die Einführung neuer überkantonaler Bildungsprojekte (insbesondere Reformprojekte) zu verzichten;
b. die weitere Beteiligung an laufenden überkantonalen Bildungsprojekten ist zu überprüfen;
c. mindestens 3% der angestrebten und nicht durch unter Buchstaben a. und b. erwähnte Massnahmen erzielbare Einsparungen werden im Bereich der Dienststellen der kantonalen Bildungsverwaltung vorgenommen; davon auszunehmen sind die Schuldienste gemäss §§ 56 und 57.
d. Beim verbleibenden zu erzielenden Sparvolumen ist durch die Volksschule und die übrigen Schulstufen gemäss §3 Abs. 3 ein Sparbeitrag entsprechend ihrem Anteil an den durch Angebotserweiterungen entstandenen Kostensteigerungen während der jeweils fünf letzten Jahre zu leisten;
e. Damit alle Schulstufen die in Bst. d geforderten anteilsmässigen Sparbeiträge erbringen können, sind nötigenfalls interkantonale Verträge durch Neuverhandlungen anzupassen; die entsprechenden Sparanteile dürfen bis dahin nicht auf andere Schulstufen überwälzt werden.

Initiative 2

Stopp dem Abbau an den öffentlichen Schulen!

Das Bildungsgesetz vom 6. Juni 2002 (GS 34.0637, SGS 640) wird folgendermassen ergänzt

§ 12 b Schutz essentieller Rahmenbedingungen

1 Eine 2/3-Mehrheit der anwesenden Mitglieder des Landrates ist erforderlich, um gegenüber dem Stand vom 1. Januar 2016
a. die Richt- und Höchstzahlen für Klassen gemäss § 11 zu erhöhen;
b. die Kosten des Schulbetriebs über die in § 10 genannten Angebote und Unterrichtsmittel hinaus auf die Erziehungsberechtigten zu übertragen.
2 Auf Dekretsebene sind festzulegen
a. die Gesamtzahl der Lektionen der handwerklichen, gestalterischen und musischen Fächer pro Schulstufe;
b. die individuelle Vor- und Nachbereitungszeit pro Lektion.
Massgebend für die erstmalige Festlegung im Dekret ist der Stand vom 1. Januar 2016.
3 Eine 2/3-Mehrheit der anwesenden Mitglieder des Landrates ist erforderlich, um gegenüber dem Stand vom 1. Januar 2016
a. die Gesamtzahl der Lektionen der handwerklichen, gestalterischen und musischen Fächer pro Schulstufe zu senken;
b. die individuelle Vor- und Nachbereitungszeit pro Lektion zu kürzen.

Erläuterungen

Beide Initiativen sind formulierte kantonale Volksinitiativen, deren Inhalte den ersten Teil des Bildungsgesetzes (SGS 640 vom 6. Juni 2002), also die allgemeinen Bestimmungen, um je einen Artikel ergänzen würden.

Initiative 1 / § 12a Bildungsgesetz

Der neue § 12a ist eine Grundsatzbestimmung. Im Vordergrund steht die allgemeine Forderung, den Bildungsfranken praxisnah einzusetzen und nicht abwendbare Kürzungen im Bildungsbereich verursachergerecht vorzunehmen.

§ 12a legt einerseits fest, dass Kanton und Gemeinden in der Verantwortung stehen, die Voraussetzungen für eine hohe Bildungsqualität zu gewährleisten und definiert auf bewusst allgemein gehaltene Weise die dafür wesentlichen Eckpunkte.

Andererseits regelt § 12a, wo der Hebel anzusetzen ist, falls trotzdem Einsparungen im Bildungsbereich vorgesehen werden (Art. 2). Sind Einsparungen im Bildungsbereich unumgänglich, so ist in erster Linie auf neue überkantonale Bildungsprojekte zu verzichten. Damit sind insbesondere aufwändige Reformprojekte gemeint, die unverhältnismässig viele Ressourcen binden. Auch bereits laufende Reformprojekte sind einer Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen, aufgrund welcher über deren Weiterführung, Redimensionierung oder Beendigung zu entscheiden ist.

Durch eine Verringerung bestehender und/oder neuer Reformprojekte werden die Stabs- und Planungsstellen entlastet, so dass Einsparungen im Umfang von mindestens 3% des gesamten Sparvolumens in diesem Bereich folgerichtig sind. Von Einsparungen bei der Bildungsverwaltung auszunehmen sind die so genannten Schuldienste, welche Schülerinnen und Schülern, Erziehungsberechtigten sowie Lehrerinnen und Lehrern beratend und unterstützend zur Seite stehen (§§ 56, 57 Bildungsgesetz).

Schliesslich müssen gemäss dem Verursacherprinzip weitere Sparmassnahmen vorab diejenigen Schulstufen treffen, die in den jeweils zuletzt vergangenen fünf Jahren massgeblich zur Kostensteigerung im Bildungswesen beigetragen haben. Interkantonale Verträge, welche diesem Ansinnen im Weg stehen, sind nötigenfalls neu zu verhandeln.

Initiative 2 / § 12b Bildungsgesetz

§ 12b soll die Grundsatzbestimmung von § 12a Abs. 1 mit Hilfe eines landrätlichen „Spar-Quorums“ konkretisieren und absichern. Die Bestimmung führt in Abs. 1 und Abs. 3 wesentliche Rahmenbedingungen für die Aufrechterhaltung einer guten Unterrichts- und Bildungsqualität auf. Diese Rahmenbedingungen sollen vor Veränderungen zum Nachteil der Unterrichts- und Bildungsqualität speziell geschützt werden.

Konkret sollen demnach
Richt- und Höchstzahlen für Schul- und Kindergartenklassen nicht erhöht werden (Abs. 1 lit. a)
die Kosten des Schulbetriebs nicht zusätzlich auf Erziehungsberechtigte übertragen werden (Abs. 1 lit. b)
die Gesamtzahl der Lektionen der handwerklichen, gestalterischen und musischen Fächer pro Schulstufe nicht gesenkt werden (Abs. 3 lit. a)
die individuelle Vor- und Nachbereitungszeit pro Lektion nicht gekürzt werden (Abs. 3 lit. b).

Damit die in Abs. 3 genannten Rahmenbedingungen dem anvisierten 2/3-Quorum unterstellt werden können, müssen die dort definierten Grössen in die Entscheidungskompetenz des Landrats überführt werden. Dies wird mit Abs. 2 sichergestellt.

Wird eine Veränderung dieser Rahmenbedingungen zum Nachteil der Unterrichts- und Bildungsqualität beabsichtigt, so müssen entsprechende Bestimmungen oder Beschlüsse inskünftig durch den Landrat mit einer 2/3-Mehrheit entschieden oder genehmigt werden. Durch dieses „Spar-Quorum“ sollen unüberlegte und kurzsichtige Sparvorlagen zulasten der Unterrichts- und Bildungsqualität verhindert werden.

Verhältnis von § 12a zu § 12b

Die beiden Bestimmungen werden in zwei separaten Initiativen vorgelegt. Die Bestimmungen (§ 12a und § 12 b) sind zwar aufeinander abgestimmt und ergänzen sich inhaltlich. Die Initianten bieten allerdings den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern die Möglichkeit, sich allenfalls auch nur für eine der beiden Initiativen auszusprechen.

Würde § 12a angenommen, so wäre in erster Linie festgelegt, wie im Falle von Sparbestrebungen im Bildungsbereich vorzugehen ist. Der in der Vorlage definierte Mechanismus würde ein einseitiges Besparen von Volksschule und weiterführenden Schulen verunmöglichen. Ausserdem bringt die Bestimmung den grundsätzlichen Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck, die Qualität des Baselbieter Schulwesens nachhaltig zu garantieren, auch im Bereich der schulischen Infrastruktur.

Durch die Annahme von § 12b würde zudem die politische Hürde für den Beschluss bildungspolitischer Sparmassnahmen wesentlich höher gelegt, was schädliche Sparmanöver ganz erheblich erschweren würde.

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