Mit der folgenden Medienmitteilung wandte sich die Arbeitsgemeinschaft Baselbieter Personalverbände ABP (bestehend aus LVB, PVPBL, VSG und VPOD) am 20. Januar 2017 an die Öffentlichkeit, die Fraktionspräsidien des Landtags sowie an Finanzdirektor Anton Lauber:
Präsident der Personalkommission BL foutiert sich um Sozialpartnerschaft – ABP fordert Absetzung des Traktandums Teilrevision Personalgesetz
Die funktionierende Sozialpartnerschaft ist ein Markenzeichen des schweizerischen Erfolgsmodells. Bei dieser Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern werden die Arbeitsbedingungen bilateral und manchmal regional differenziert vereinbart. Dadurch werden flexible branchen- und nötigenfalls regionalspezifische Lösungen möglich. Der Arbeitsfriede, eines der höchsten Güter der Schweiz, wird durch die Sozialpartnerschaft gesichert.
Eine knappe Mehrheit der Personalkommission des Landrats unter Vorsitz von Balz Stückelberger (FDP), welcher seiner Verachtung für die Arbeit des Staatspersonals medial auch schon mit der Aussage Ausdruck verlieh, er wolle die „faulen Eier” entfernen, ist indes nicht an einer gemeinsam entwickelten Lösung interessiert: Unter Umgehung der gesetzlich vorgesehenen Mitwirkung der Personalverbände hat die Kommission eigenmächtig den partnerschaftlichen Entwurf des Regierungsrates zur Lockerung der Kündigungsgründe (Teilrevision des Personalgesetzes) verworfen und will stattdessen ein Kündigungsrecht nach OR einführen. Dieser Vorgang weist drei gravierende Mängel auf:
Erstens ist ein solches Vorgehen rechtlich unhaltbar. Die Personalverbände besitzen als Vertreter der Arbeitnehmerschaft ein (verfassungs-)rechtlich verbrieftes Mitsprache- und Mitwirkungsrecht bei allen personalrechtlichen Erlassen. Sie erhalten Einblick in das Gesetzgebungsverfahren und können im Prozess ihre Anliegen und Anträge einbringen. Die Kommission hat diese Rechte eigenmächtig missachtet. Im Bericht der Kommission an den Landrat wird zwar ausgeführt, die Personalverbände seien angehört worden. Tatsächlich fand eine rudimentäre Anhörung einer ABP-Delegation statt. Jedoch betraf diese Sitzung die Initiativen der Liga der Steuerzahler und nicht, wie im Bericht behauptet, das vorliegende Geschäft. Die Personalverbände des Kantons Basellandschaft vertreten daher die Auffassung, dass der Rechtsdienst des Regierungsrates die Rechtmässigkeit des Vorgehens der Personalkommission – vor Beschlussfassung des Landrates – beurteilen soll. Die ABP lässt dementsprechend die Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung des Erlasses zum jetzigen Zeitpunkt offen.
Zweitens ist der Umstand gravierend, dass eine Umsetzung des Kündigungsrechtes nach OR rechtlich gar nicht möglich ist. Die Bundesverfassung lässt eine solche Umsetzung für Staatsangestellte nicht zu. Die Regierung hat diese Sachlage erkannt und sich um eine gangbare Lockerung der Kündigungsmöglichkeit bemüht. Die Personalkommission indes ignoriert lieber die vom Verfassungsrecht gegebenen Schranken und möchte in eigener Regie ein Gesetz verabschieden, das dem OR entspricht. In einem Beitrag der Basler Zeitung führte Balz Stückelberger denn auch aus, dass der Kanton Zug eine ähnliche Formulierung bereits erfolgreich umsetze. In Wirklichkeit müssen die Personalverantwortlichen in Zug in jedem Einzelfall prüfen, ob die bundesrechtlichen Minimalstandards eingehalten wurden, bevor sie analog OR eine Kündigung aussprechen dürfen. Dies ist unnötiger juristischer Leerlauf; von einem Erfolgsmodell zu sprechen, ist daher irreführend.
Drittens stellt ein gelockertes Kündigungsrecht auch für den Staat selbst keinesfalls einen Gewinn dar. Staatsangestellte erbringen zwar, wie viele Unternehmen, auch Dienstleistungen, dennoch besteht zwischen Staatsangestellten und Bürgern kein Dienstleister-Kunden-Verhältnis. Ein wesentlicher Teil der Arbeit der Staatsangestellten besteht darin, durchzusetzen, dass die Bürgerinnen und Bürger ihren Verpflichtungen gegenüber dem Staat nachkommen, vom Respektieren der Verkehrsregeln über die Einhaltung der Schulpflicht bis hin zur Erfüllung der Steuerpflicht. Im Weiteren müssen Staatsangestellte dafür besorgt sein, dass staatliche Leistungen nur denen zugesprochen werden, die sie tatsächlich zugute haben. Bewilligungen dürfen nur dann ausgestellt werden, wenn die daran geknüpften Bedingungen erfüllt sind. Zeugnisse müssen die Leistungen der Schülerinnen und Schüler widerspiegeln und dürfen nicht geschönt sein. Und der Staat muss auch überwachen, dass die geltenden Gesetze eingehalten werden.
Staatsangestellte machen ihren Job folglich nicht dann am besten, wenn sie sich bei den Menschen, mit denen sie zu tun haben, möglichst beliebt machen, sondern wenn sie korrekt und unbestechlich arbeiten und alle Bürgerinnen und Bürger gleich behandeln. Damit sie das können, müssen sie unter anderem in gebührendem Mass vor Druckversuchen geschützt werden. Druck auf Staatsangestellte kann man beispielsweise ausüben, indem man sich bei deren Vorgesetzten beschwert. Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Druckversuch bei den Betroffenen umso mehr Wirkung entfaltet, je schwächer ihr Kündigungsschutz ist. Leider nehmen nicht alle Vorgesetzten ihre Angestellten im Falle von Beschwerden so lange in Schutz, wie die vorgebrachten Anschuldigungen nicht erwiesen sind.
Ist die Gewissheit nicht mehr gegeben, dass auch potentiell heikle Entscheide von Staatsangestellten nicht unvermittelt zu einer Kündigung führen können, bleiben den Arbeitnehmenden zwei Möglichkeiten: Entweder sie sichern sich vor jedem Entscheid x-fach ab, womit der bürokratische Aufwand vervielfacht wird und die Kosten der Verwaltung zusätzlich in die Höhe schiessen; oder aber sie entscheiden in heiklen Fragen grundsätzlich so, dass sie möglichen Anschuldigungen von vorneherein aus dem Weg gehen: Lehrer vergeben nur noch Noten von 5 an aufwärts und stützen sämtliche Anträge von Eltern, Steuerbeamte genehmigen jeden angestrebten Abzug, Bauinspektorate bewilligen jedes eingehende Gesuch und Polizisten sprechen keine Bussen mehr aus.
Ein fehlender Kündigungsschutz wird keine faulen Eier zutage fördern, aber dazu beitragen, die ohnehin arg ramponierte Attraktivität des Kantons Baselland als Arbeitgeber weiter zu demontieren. Als Personalverbände müssen wir je länger, desto mehr jedem, der gute Arbeit zu leisten imstande ist und einen verlässlichen, wertschätzenden Arbeitgeber sucht, raten, andere Optionen als den Kanton Baselland zu prüfen. Dieser hat in seinem aktuellen Zustand gute Arbeitskräfte nicht verdient.