Liebe Leserin
Lieber Leser
Hektische Betriebsamkeit zählt zu den Launen des vorherrschenden Zeitgeistes – auf allen Ebenen. So auch in der Bildungspolitik. Eine Strukturreform nach der anderen seit 20 Jahren, sich gegenseitig übertreffend an Heilsversprechen auf wackligen Füssen.
Heilsversprechen gehören nicht zum Repertoire des LVB. Stattdessen pflegen wir, den Dingen auf den Grund zu gehen, den «Experten» aufs Maul zu schauen und stets die Perspektive der Berufspraxis beizubehalten. Deswegen befragen wir regelmässig unsere Mitglieder zu allen relevanten Themen – erst recht bei kontrovers diskutierten Fragen. Darauf stützen wir fundierte Stellungnahmen und Positionsbezüge ab. Täglich leisten wir in Gremien und medial Überzeugungsarbeit, um die Anliegen unserer Basis zu vertreten. So auch in der SRF-Diskussionssendung «Forum» zum Thema Integration, in die ich eingeladen war. Die vielen positiven Feedbacks freuen mich sehr.
Ein Mitglied aus der Berufsbildung schrieb uns dieser Tage: «Durch die Mitgliedschaft beim LVB erhalte ich die Zeitschriften «Folio», «Bildung Schweiz» und «lvb inform». Ich fühle mich als Lehrperson durch den LVB vertreten. Andere Berichte sehe ich eher als abgehobene, elitäre Unterrichtsvorstellungen, die mit meinem Unterrichtsalltag nichts mehr zu tun haben. Einzelne Beiträge über Schulen in «Bildung Schweiz» oder im «Folio» erinnern mich an eine Art «Schweizer Illustrierte» für Schulleitungen.»
Auch in zahlreichen kantonalen Gremien setzt sich der LVB sachlich, pragmatisch und differenziert für gute Schulen mit einem leistbaren Auftrag zuhanden der Lehrpersonen ein. Einige aktuelle Beispiele seien genannt:
WEGM: Vom gleissenden Wording der EDK («transversale Kompetenzen», «Interdisziplinarität») sollte man sich nicht einfach blenden lassen – erst recht nicht zulasten solider Fachkenntnisse der Lernenden. Geplante Änderungen müssen immer en détail zu Ende gedacht werden, mit allen Konsequenzen und auch Risiken. Ziel muss es sein, die Studienerfolgsquote der Baselbieter Maturandinnen und Maturanden möglichst hoch zu halten. Alles andere ist sekundär.
FMS: Es war bisher ein Kuriosum, dass das Berufsfeld «Pädagogik» ganz ohne pädagogische und psychologische Inhalte ausgestattet gewesen ist. Der LVB hat seit Jahren auf diesen Etikettenschwindel hingewiesen. Wir sind zuversichtlich, dass diesem Zustand nun bald sowohl über die Stundentafel als auch über sinnstiftende Praktika Abhilfe geschaffen wird.
Digitalisierung: Lange Zeit war der LVB auch hier ein einsamer Rufer in der Wüste. Aber überbordende Bildschirmzeit, ständige Erreichbarkeit, ein massives Ablenkungspotenzial sowie Konflikte mit elterlichen Erziehungsprinzipien lassen sich nicht einfach aus der Welt ignorieren. Der LVB hat sich nicht gescheut, die heissen Eisen in den zuständigen Gremien immer wieder zu benennen. Dadurch wurde eine lebhafte Diskussion angestossen. Digitales Lernen kann analoges Lernen ergänzen, nicht aber ersetzen. Brauchbare und verpflichtende Medienkonzepte rücken näher.
Hitzemassnahmen: Die Blitzbefragung des LVB unter seinen Mitgliedern während der Hitzetage 2023 führte zu medialer Berichterstattung und zu Vorstössen und Debatten im Landrat. Auch wenn die Temperaturen Ende Jahr nicht gerade dazu verleiten, so ist der LVB weiterhin an diesem Thema dran und wird zu Frühlingsbeginn bedeutsame Schritte gehen. Seien Sie gespannt!
Finanzstrategie: Mit dem Entscheid zum Teuerungsausgleich sind wir nicht zufrieden, die Prognosen für die kommenden Jahre sind unerfreulich. Dennoch sollten wir nicht aus den Augen lassen, dass bedeutende Eckpfeiler unserer Anstellungsbedingungen wie Löhne, Pflichtstundenzahlen und Klassengrössen (bis auf wenige Ausnahmen) bisher nicht angerührt wurden. Hinsichtlich der angekündigten Kürzung der Stundentafel der Sekundarstufe I wird der LVB miteinbezogen und setzt sich für ausgewogene Lösungen ein, die von der Prämisse «Kopf-Herz-Hand» geleitet sind.
Berufsauftrag: Das Thema bewegt, die Umsetzung scheint jedoch schulortspezifisch höchst unterschiedlich zu sein. Der LVB hat im Herbst bereits eine erste Umfrage dazu durchgeführt und präsentiert wichtige Erkenntnisse daraus vertraulich in der «Plattform Bildung», einem Gremium unter der Leitung von Bildungsdirektorin Monica Gschwind. Ziel ist es, die neuralgischen Punkte zu lokalisieren und flächendeckend einer Klärung resp. Verbesserung zuzuführen.
Selektion: Der LVB ist im Frühling der reisserischen und eindimensionalen Kampagne des VSLCH-Vorstandes zur Abschaffung einer niveaudifferenzierten Sekundarstufe I entschlossen entgegengetreten. Nicht eine einzige negative Rückmeldung eines Mitglieds ist deswegen bei uns eingegangen. Dies unterstreicht, dass Lehrpersonen engagierte und auch mutige Positionsbezüge ihrer Interessenvertretungen goutieren – solange ebendiese Vertretungen die Einschätzungen ihrer Mitglieder wahr- und ernst nehmen.
Es gilt, sich nicht von wenig aussagekräftigen Wortwolken, fehlgeleitetem Aktionismus und missionarischem Eifer beirren zu lassen. Der Fokus von Lehrpersonen ist stets auf gelingenden Unterricht zu legen, denn, wie Carl Bossard schreibt, «die Wirksamkeit der Schule beginnt im Klassenzimmer. Gefragt sind die Kernprozesse des Lernens – systematisch aufgebaut, strukturiert und angeleitet.»
In diesem Sinne und Geiste wünsche ich Ihnen erholsame Feiertage im Kreise Ihrer Liebsten und für das kommende Jahr auch in schwierigen Situationen viel Zuversicht und die nötige Portion Gelassenheit. Letztere ist gemäss Marie von Ebner-Eschenbach «eine anmutige Form des Selbstbewusstseins».
Philipp Loretz
Präsident LVB